Musikverein Gailingen e.V.

Geschichte

Obgleich Gailingen in früherer Zeit ein reges Vereinsleben aufzuweisen hatte, war es um die Volksmusik lange Zeit immer sehr spärlich bestellt. Es gab zwar im vorigen Jahrhundert einmal eine Musikgesellschaft Gailingen - Diessenhofen und auch vor dem 1. Weltkrieg bestand für kurze Zeit eine örtliche Musikkapelle. 

Gründung einer Musikabteilung

Im Jahre 1932 wurde in den Reihen des katholischen Gesellenvereins der Wunsch laut, eine eigene Musikgruppe zu gründen. Nach anfänglichen Bedenken wurde durch die Initiative von Hochwürden Herrn Pfarrer August Graf der Grundstein für eine Musikkapelle als Abteilung innerhalb des katholischen Gesellenvereins gelegt. Nachdem verschiedene Ehren- und Aktivmitglieder des Gesellenvereins finanzielle Zuwendungen gemacht hatten, übernahm Josef Schneble den Ankauf von Lerninstrumenten älteren Ursprungs; der Anfang war gemacht. Neun Anfänger meldeten sich, dazu kamen sieben Musiker, welche schon in anderen Kapellen gespielt hatten.

Im Juli 1932 begannen dann unter der straffen Leitung von Josef Weindel als Dirigent die intensiven Proben.

Schon am Fronleichnamstag 1933 konnte die Kapelle zum ersten Male an die Öffentlichkeit treten, was von der Gailinger Bevölkerung mit Begeisterung und Anerkennung begrüsst wurde. Zum ersten Vorstand der Musikabteilung wurde Gemeinderat Johann Schneble ernannt. 

Bildung des Musikvereins als selbständiger Verein

Bedingt durch das stete Anwachsen der Zahl aktiver Musiker einerseits und der schwieriger werdenden Finanzierung zur Instrumenten- und Notenbeschaffung, entschloss sich der Gesellenverein, die Musikabteilung in einen eigenständigen Musikverein umzugestalten, was dann am 1. Juli 1934 geschah.

Zum ersten Vorstand wurde wiederum Gemeinderat Johann Schneble gewählt. Schriftführer und Materialwart wurde Josef Zahn, Kassier Johann Ruh, Beisitzer wurden Josef Schneble und August Auer, als Vereinsdiener fungierte Franz Auer jun.

Gleichzeitig wurde Hochwürden Herr Pfarrer August Graf, als Gründer des Musikvereins Gailingen im Jahre 1932, für seine Verdienste um die Entstehung des Musikvereines zu dessen erstem Ehrenmitglied ernannt. Den Dirigentenstab übernahm Kurt Filitz, der gleichzeitig die Stadtmusik Diessenhofen dirigierte.

Im Jahre 1936 wurde die Kapelle durch die Gemeinde Gailingen als Feuerwehrmusik uniformiert. Am 1. Mai desselben Jahres stellten die Musiker mit klingendem Spiel voller Stolz ihre Uniformen der Bevölkerung vor. 

In den ersten Jahren traten die Gailinger Musiker bei zahlreichen weltlichen und kirchlichen Anlässen auf und bereicherten das kulturelle Leben im Dorf. Im Jahre 1939 starb der Gründer der Musikkapelle, Hochwürden Herr Pfarrer August Graf. Die Musiker geleiteten ihr Ehrenmitglied zur letzten Ruhe auf dem hiesigen Friedhof.

Im selben Jahr war die Kapelle auf 36 Aktive angewachsen, wovon während des 2. Weltkrieges 27 an die Front gerufen wurden, so dass der Verein von 1942 bis 1946 einen Stillstand erfuhr.

Während des unseligen Krieges fielen oder starben in der Gefangenschaft 10 Kameraden des Musikvereins, 3 Kameraden bleiben vermisst. 

Neugründung

Schon im März 1946 scharten sich einige Getreue, welche zum Teil aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren, zusammen, um den Verein wieder ins Leben zu rufen. Am 4. März 1946 fand die erste Musikprobe statt und am Weißen Sonntag und am Fronleichnamstag trat der Verein erstmals wieder an die Öffentlichkeit. Bis zur Neuorganisation im September 1947 leitete Musikmeister Max Woche den Verein.

Zur Neuorganisation des Musikvereins nach dem Kriege berief Bürgermeister Karl Auer auf den 14. September 1947 eine Versammlung ein. Er sagte vor den versammelten Musikern: "Man muss aus der uns umgebenden gefährlichen Lethargie und Mutlosigkeit einen Ausweg finden, wozu kein anderes Mittel geeigneter ist, als gerade die Pflege der Musik. Sie reißt den Menschen aus der abstumpfenden Gleichförmigkeit des Alltags heraus, schenkt Freude, Erholung und damit Kraft, mit neuem Mut an die Arbeit heranzugehen". Das waren Worte zur rechten Zeit.

Durch die Rückkehr einer großen Zahl Musiker aus der Gefangenschaft konnte ein Neubeginn in Angriff genommen werden. Eine neue Vorstandschaft wurde gewählt, und zwar August Heidel als 1. Vorstand, Robert Auer als 2. Vorstand, Beisitzer wurden Karl Auer und Peter Ruh, Schriftführer Erich Unger und Kassier Alfred Ruh.

Als neuer Dirigent konnte Hauptlehrer Franz Massler, der auch den Kirchenchor dirigierte, gewonnen werden. Nach dem Neubeginn wurden die angesetzten wöchentlichen Proben eifrig und vollzählig besucht. Unter der straffen, zielbewussten Leitung des Dirigenten Franz Massler erfuhr die Musikkapelle recht bald einen sicheren Aufschwung. Im Jahre 1948 verließ Lehrer Massler Gailingen. Als Nachfolger im Dirigentenamt konnte wieder Josef Weindel gewonnen werden.

Die Musikkapelle trat nach dem Kriege in Zivil auf, was zusehends als Missstand betrachtet wurde. So entschloss man sich im Jahre 1953 zur Neueinkleidung mit einer schmucken Uniform.

Im Juli 1953 beging der Musikverein sein 20-jähriges Stiftungsfest. Im Jahre 1956 übernahm für ein Jahr Franz Herre den Dirigentenstab, den Alfons Ficker 1957 übernahm und den Verein mit großem persönlichen Engagement und in Harmonie führte.

Das 25-jährige Bestehen des Musikvereins wurde im Jahre 1958 mit großen Festlichkeiten würdig begangen.

Im Juni 1964 verstarb das Gründungsmitglied August Heidel, der den Verein bis zu seinem Tode 18 Jahre als 1. Vorstand geleitet hatte. Schon im Februar 1965 traf den Verein ein weiterer herber Verlust. Der bei den Musikkameraden beliebte und geachtete Dirigent Alfons Ficker verstarb allzu früh.

Als sein Nachfolger konnte Richard Hunger gewonnen werden, der die Musiker 16 Jahre mit großem Einsatz führte. Ab diesem Jahr fungiert Walter Mack als Präsident des Musikvereines. Bis zum Jahr 1973 bekleidete Stefan Hany das Amt des 1. Vorsitzenden.

Die 60iger Jahre waren gekennzeichnet durch eine intensive Jugendarbeit. Am 24. Dezember 1965 traten die Jungmusiker erstmals an die Öffentlichkeit. Im selben Jahre wurde die Gesamtmusik neu eingekleidet. Im Oktober 1966 richtete der Musikverein in der neu erstellten Hochrheinhalle das Bezirkskonzert aus.

1973 wurde Stefan Auer zum 1. Vorstand gewählt. Im Februar 1974 zählte der Verein 38 Aktive und 20 Jungmusiker.

Im Januar 1977 wurde Bruno Grötzinger als 1. Vorstand des Musikvereins gewählt und leitete den Verein mit großem Einsatz und Erfolg nach den Erkenntnissen des modernen Managements. Seit dem Jahre 1975 veranstaltet der Musikverein anstelle der bis dahin üblichen Gartenfeste jährlich in einem großen Zelt ein dreitägiges Sommerfest.

In den 70iger Jahren wurden notwendige größere Instrumentenbeschaffungen vorgenommen.

Im Jahre 1978 wurde die Anschaffung von neuen Uniformen diskutiert. Man wollte diesmal von der üblichen Uniformart abgehen. Die Gemeinde Gailingen und viele Bürger spendeten für eine Neuuniformierung. Am Weißen Sonntag 1979 spielten die Musiker in ihren schmucken neuen Uniformen im Trachtenlook, was in der Öffentlichkeit mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. Im Vorjahr sprach sich der Musikverein für die Gründung einer Gemeindemusikschule aus, im Hinblick auf eine umfassende musikalische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Am 1. Juni 1981 nahm die Gemeindemusik- schule ihre Tätigkeit auf. Zum Jahresende 1981 legte Richard Hunger den Dirigentenstab nieder. Im Jubiläumsjahr übernahm Kurt Unger für 14 Jahre die musikalische Leitung des Musikvereins.

Das 50-jährige Vereinsjubiläum wurde mit einem großen Sommerfest und einem tollen Programm und Stargast Heino  im Zelt des Musikvereins und auf den Strassen von Gailingen gefeiert.

Das 60-jährige Vereinsjubiläum wurde ebenfalls groß gefeiert und das Alpenland-Quintett konnte als besonderer Höhepunkt angekündigt werden.

Nachfolger von Bruno Grötzinger, der bis 1987 den 1. Vorstandsposten inne hatte und einer zweijährigen Amtszeit von Wilfried Knorr, wurde Uwe Unger im Amt des ersten Vorsitzenden.

Kurt Unger wurde im Jahre 1996 von seinem Nachfolger Torsten Ernst abgelöst. Seit dem Jahr 2000 wurde der Verein von Lars Pohle dirigiert.

Seit dem Jahr 1990 werden in regelmäßigen Abständen Konzertreisen ins Ausland mit Kontakten der dortigen Musikvereine organisiert. So ging es 1994 zu einer 10-tägigen Reise in die Umgebung von Barcelona, 1996 eine 14-tägige Rundreise durch den Osten von Amerika mit Auftritten in der Umgebung von New York und Washington, 1990 und 1996 nach Bonassola in Italien und im Jahre 2000 eine 10-tägige Reise nach Ungarn. Seit einigen Jahren wird mit der Musikkapelle Meerhof / Sauerland, aus dem unsere Klarinettistin Claudia Linnemann stammt, ein inniges Verhältnis gepflegt. Fast jedes Jahr besuchen sich die beiden befreundeten Vereine in ihren Heimatgemeinden und so manch große Freundschaft ist daraus entstanden.

Der bisherige Höhepunkt dieser Partnerschaft war die Hochzeit unserer Klarinettistin Claudia Linnemann und unseres Posaunisten Axel Fischer im September 2002, welche, unter der musikalischen Begleitung beide Vereine, groß in der Hochrheinhalle in Gailingen gefeiert wurde.

Weitere Höhepunkte in den vergangenen Jahren waren der Millenniums-Sylvester-Ball 1999/2000, zusammen mit dem Turnverein in der Hochrheinhalle.

Im Jahre 2001 konnte nach 3-jähriger Planungs- und Vorbereitungsphase die neue Uniform der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Planungsgruppe, unter der Leitung des 1. Vorsitzenden Uwe Unger, konnte nach langen Verhandlungen mit diversen Uniformanbietern und der Teilfinanzierung durch die Gemeinde Gailingen ein gelungenes Outfit präsentieren, welches wiederum die nächsten Jahrzehnte das äußere Erscheinungsbild der Musikerinnen und Musiker kennzeichnen soll.

Im Jahr 2002 stellte der bisherige 2. Vorsitzende Henry Schätzle seinen Vorstandsposten, aufgrund beruflicher Veränderung, zur Verfügung und Jürgen Bohner wurde zu seinem Nachfolger gewählt.

Nach vielen Übergangslösungen konnte im Frühsommer 2002 ein neuer Dirigent, Martin Weiss, verpflichtet und präsentiert werden. Martin Weiss dirigiert außerdem die Jägermusik Büsingen, die aufgrund von Besetzungsproblemen auf verschiedenen Instrumenten, seit 2002 eine Spielgemeinschaft mit dem Gailinger Musikverein bildet.

In der Jahreshauptversammlung im März 2003 wurde Markus Ehnes zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt und der bisherige Amtsinhaber Uwe Unger wurde, aufgrund seiner Verdienste als 1. und 2. Vorsitzender in den letzten 20 Jahren, zum Ehren-vorsitzenden ernannt.Das Amt des 1. Vorsitzenden hatte von 2005 bis 2008 Michael Unger inne ehe ab 2009 ein Vorstandsteam ins Leben gerufen wurde.

Nach einer knapp 9 jährigen erfolgreichen Zusammenarbeit endet zum Jahreskonzert 2009 das Engagement mit Martin Weiss. Übergangsweise übernahm Kurt Unger das Zepter. Im Frühjahr 2010 konnte mit Arne Müller einen neuen qualifizierten Leiter der Aktiven und Jugendkapelle gefunden werden. Nach nur einem Jahreskonzert trennten sie die Wege wieder. Jedoch schon zum kommenden Frühjahr konnte man mit Ute Meissner zum ersten mal in der Vereinsgeschichte eine musikalische Leiterin präsentieren. Aufgrund eines attraktiven Angebots der Dirigenten sah sich der Musikverein schon ein Jahr wieder mit der Dirigentensuche konfrontiert. Seit 2012 leitet Xaver Martin gekonnt die musikalischen Geschicke des Musikvereins. Seine professinelle Arbeitsweise steigert von Jahr zu Jahr die musikalische Qualität der Vereins.

Die bewegte Vereinsgeschichte während mehr als sieben Jahrzehnten zeigt uns in sehr eindringlicher Weise, wie sehr der Musikverein im dörflichen Leben als Kulturträger mitwirkt. Die vielfältigen kirchlichen und weltlichen Anlässe im Jahresverlauf wären ohne unsere Musikerinnen und Musiker ärmer gewesen, wie selbst der Mensch ohne Musik ärmer wäre.

Diese Aufgabe ist auch die Herausforderung für den Musikverein Gailingen und seine Musikerinnen und Musiker in der Zukunft.